1. Schauplatz: Irak 1991-94, nach dem Golfkrieg von 1991.
Dem deutschen Arzt Prof. Siegwart Horst Günther fallen im Universitätskrankenhaus von Bagdad Menschen mit Krankheitssymptomen auf, die er in den 40 Jahren Arbeit in diesem Land noch nie gesehen hat. Als ein Mädchen, das in einem Bombenkrater gespielt hat, bald darauf an Leukämie erkrankt, schöpft Günther Verdacht. Er läßt eines der zigarrengroßen Geschosse, die schwerer als Bei sind, und im früheren Kampfgebiet überall herumliegen, im Diplomatengepäck nach Deutschland bringen und gibt es einem Universitätsinstitut zur Untersuchung – abgereichertes Uran wird festgestellt. Dr. Günther wird verhaftet und zu einer Geldstrafe von 3000 Mark verurteilt wegen Gesundheitsgefährdung durch die „Freisetzung ionisierter Strahlung“.
2. Schauplatz: USA und Großbritannien 2000, knapp ein Jahrzehnt nach Ende der Operation „desert storm“, bei der 500.000 US-Soldaten direkt bei Operationen im Irak und Kuweit eingesetzt waren: 133.000 Soldaten sind bei dem Medizinischen Register des US-Verteidigungsministerium registriert, bei denen unterschiedliche Krankheiten diagnostiziert worden waren. Bei 80% dieser Erkrankten, also über 100.000 Soldaten, wird das „Golfkriegssyndrom“ attestiert, ein Krankheitsbild, das sehr unterschiedliche Symptomcluster zusammenfaßt.[1]
3. Schauplatz: Deutschland 2001, zwei Jahre nach dem Balkankrieg, wo die NATO mit Zustimmung der rot-grünen Bundesregierung ca. 31.000 Urangeschoße verschossen hat. Ein UN-Expertenteam hat an acht von elf untersuchten Einschlagsorten im Kosovo teils erhebliche Kontaminationen von DU-Munition gefunden. Die Reaktion von Verteidigungsminister Scharpings zu einer eventuellen Gefährdung deutscher Soldaten: "Alles, was an Informationen zur Verfügung steht, sagt: Ein Strahlenrisiko gibt es nicht.“[2]
Der italienische Staat wird später in Folge einer Sammelklage den Familien von sechs nach dem Kosovo-Einsatz gestorbenen und 30 schwer erkrankten Soldaten beträchtliche Kompensationen zahlen.
4. Schauplatz: Januar 2003, Bagdad
Als Ärztin und Teilnehmerin einer Friedensdelegation kehrt Dr. med. Angelika Claußen aus Basra von einem Besuch des Mutter-Kind-Hospitals zurück, wo sich die Raten für Kinderkrebsfälle und Mißbildungen Neugeborener vervielfacht haben. Der ZDF bittet sie um ein Interview. Vorweg meint der Reporter jedoch: „Kommen sie bloß nicht damit, daß die Ursache für die vielen, an Leukämie erkrankten Kinder etwas mit abgereichertem Uran zu tun haben könnte. Das wird unser Sender auf keinen Fall bringen!“
DU (englisch: DU= Depleted Uranium) ist ein Abfallstoff aus der Herstellung von Kernbrennstoff für Atomkraftwerke. Dort wird angereichertes Uran verwendet, bei dem der Anteil an Uran-235 gegenüber dem natürlichen Uran erhöht ist. Frisches abgereichertes Uran hingegen besteht zu 99,8% aus Uran-238 mit Spuren von Uran-235. Uran 238 ist ein Alphastrahler und hat eine Halbwertszeit von 4,5 Milliarden Jahren. Im Zerfallsprozeß bilden sich kurzlebige Substanzen, die auch Beta- und Gammastrahlung aussenden. Typisches DU ist daher überwiegend Alphastrahler mit geringer Beta- und Gammaaktivität. Wird DU aus abgebrannten Brennelementen von Atomkraftwerken gewonnen, kann es Spuren von Plutonium enthalten. Als schwach radioaktives Material muß es als Sondermüll entsprechend kostspielig gelagert werden. Allein in den USA liegen davon über 700.000 Tonnen.
Uran hat wegen seiner extrem hohen Dichte eine enorme Durchschlagskraft. Ein 1-Liter-Tetrapack mit Uran gefüllt würde 19 kg wiegen. Es durchdringt Panzerungen wie Butter, der entstehende Uranstaub entzündet sich dabei und verstärkt so die Zerstörungswirkung. Der Preis dieser „Wunderwaffe“ ist hingegen für militärische Verhältnisse geradezu lächerlich: 2000 Euro für ein Geschoß.
Geschätzte Mengen der bisher eingesetzten Uranmunition durch die USA und ihre Verbündeten: Irak 1991: 320 t, Irak 2003: zwischen 21,8 t (Quelle: US-Armee) und 1000-2000 t (UNEP), Bosnien 1995 und Jugoslawien/Kosovo,1999 - etwa 12 t [3]. Weiters in Afghanistan seit 2001, wo Mengenangaben fehlen, aber in Urinproben der Bevölkerung teils hohe Uranbelastungen festgestellt wurden [4]. Auch nach Israels Angriff auf Libanon 2006 wurde in den Erdproben zweier Bombenkrater Uran festgestellt.[5] Uranmunition besitzen auch Staaten wie Großbritannien, Rußland, Türkei, Pakistan, Saudi-Arabien, Thailand und Frankreich.
Abgereichertes Uran hat eine um 40% geringere Strahlung als natürlich vorkommendes Uran. Außerdem beträgt die Reichweite der im DU überwiegenden Alpha-Strahlung nur wenige Zentimeter. Diese Tatsachen wurde oft zur ungerechtfertigten Beruhigung der Öffentlichkeit mißbraucht. Denn die tatsächliche Gefahr des DU - Staubs besteht in seinem Charakter eines Ultra-Feinstaubs mit einer Partikelgröße unter 2,5 Tausendstel Millimeter. Dadurch können DU- Partikel in der Luft schweben wie ein Gas. Einmal vom Menschen eingeatmet, oder über die Nahrung oder Haut aufgenommen, können die Nanopartikel wegen ihrer Winzigkeit überall hingelangen, über das Lungengewebe in die Blutbahn und in Organsysteme. Die körpereigene Abwehr ist auf derart winzige Partikel nicht eingerichtet. Jedes Uranteilchen verhält sich im Körper als strahlende Quelle, die dauerhaft auf die Zellen der Umgebung wirkt und deren genetisches Material schädigen kann.
Außerdem hat Uran als Schwermetall eine stark toxische Wirkung, die in verstärkende Wechselwirkung mit der radiologischen Schädigung tritt. Dies gilt in noch viel stärkerem Maße für Plutonium, dem giftigsten menschengemachten Stoff, dessen Vorhandensein in den Urangeschossen des Kosovos jetzt vom Pentagon bestätigt wurde.
1) Zusammenbruch des Immunsystems mit deutlich ansteigenden Infektionskrankheiten.
2) Ausgedehnten Herpes- oder Zosterbildungen (Gürtelrose), auch bei Kleinkindern.
3) Aids-ähnlichen Erscheinungen, auch bei Kleinkindern.
4) Funktionsstörungen von Nieren und Leber.
5) Leukämie oder andere Krebsbildungen, Knochenmarksveränderungen.
6) Genetisch bedingte Mißbildungen, auch bei Tieren.
7) Fehl- oder Frühgeburten.
Auch zwei US-amerikanische militärische Forschungseinrichtungen warnten ausdrücklich vor den Gefahren abgereicherten Urans:
U.S. General Accounting Office 1993: „nicht lösliche Oxide, die inhaliert wurden, verbleiben länger in der Lunge und stellen ein potentielles Krebsrisiko dar infolge der radioaktiven Strahlung. Über die Nahrungskette aufgenommene Teilchen stellen ein radioaktives und ein toxisches Risiko dar.“[6]
Army Environmental Policy Institute 1995: “Wenn DU in den Körper gelangt, hat es die Fähigkeit , signifikante medizinische Folgen zu hinterlassen. Die Risiken, die mit DU assoziiert sind, sind sowohl chemischer als auch radiologischer Natur.“[7]
Dennoch heißt es im Schlußbericht des Presidential Advisory Committee of Gulf War Illnesses 1996: “Es ist unwahrscheinlich, daß die Gesundheitlichen Auswirkungen die von den Golfveteranen beklagt werden, auf die Exposition mit DU zurück zu führen sind.“
Südirak, Zitat aus der Sachverständigenstellungnahme von Dr. med. Angelika Claußen, vor dem Irak-Tribunal, Berlin 2004:
„Die Inzidenzrate der Neuerkrankungen an Krebs pro Jahr/pro
100.000 Kinder hat sich zwischen 1993 und 2001 im Vergleich zu
1990 vervierfacht ...Die Rate des Neuauftretens von kindlichen Mißbildungen hat sich mehr als verfünffacht: von 3.04 Fälle auf 1000 Geburten 1990 auf 17.6 Fälle auf 1000 Geburten im Jahr 2000. Diese Zahlen sind weiter ansteigend...Interessant ist außerdem die
Tatsache, daß die erkrankten Kinder zu einem großen Teil von
Vätern stammen, die im 1991er-Krieg gekämpft und überlebt
hatten. (...) Aber auch die Anzahl der Krebserkrankungen bei Erwachsenen hat
sich erheblich erhöht: Von 11 Neuerkrankungen /100.000 im Jahre
1988 auf 123 Neuerkrankungen /100.000 im Jahre 2002.“[8]
Aufgrund dieser Entwicklung hat der Irak schon 2001 ein Ansuchen an die WHO gerichtet, eine breit angelegte Untersuchung durchzuführen. Sowohl WHO als auch das Komitee für Abrüstung und internationale Sicherheit befürworteten diese
Initiative. Die Sache scheiterte, weil die US-Regierung die Bedingung stellte, der Irak müsse der WHO sämtliche Meßgeräte zur Verfügung stellen, und die gesamten Kosten der Studie zahlen. Dazu war die Irakische Regierung unter den prekären Bedingungen des damaligen Embargos nicht in der Lage.[9]
Studie von Han Kang vom US-Department of Veteran’s Affairs zu Geburtsfehlern bei Kindern von Golfkriegsveteranen (mit 21.000 Personen): Bei Männern wurde eine um das Doppelte, bei Frauen eine um das Dreifache erhöhte Wahrscheinlichkeit für Kinder mit Mißbildungen festgestellt. Fälle von offenbar auf andere Ursachen zurückzuführende Geburtsfehler wurden aus der Studie ausgeschlossen. [10]
Der Lloyd-Report, eine unabhängige britische Untersuchungskommission, kommt 2004 zu dem Schluß, daß ein zweifelsfreier Zusammenhang zwischen dem Golfkrieg und den Krankheiten besteht, von denen ca. 10% (5.500) aller dort eingesetzten Soldaten betroffen sind. Als wahrscheinliche Ursache wird abgereichertes Uran in Kombination mit weiteren Faktoren wie Impfungen und Streß genannt.
Da bekanntlich Wüstensand von Stürmen über tausende Kilometer vertragen werden kann, gilt dies auch für Uranstaub. In England wird Uran in der Luft mittels mehrerer Hochleistungs-Luftfilter routinemäßig durch das Atomwaffeninstitut AWE in Berkshire gemessen. Am Beginn des Irakkriegs gab es eine signifikante Erhöhung der Uranwerte in allen Filtern, die bis zum Ende des Krieges angehalten hat. In der Stadt Reading wurde der von der Umweltagentur festgesetzte Schwellenwert von 1000n/Bq/m³ zwei Mal überschritten.[11]
Waffen, die die Zivilbevölkerung treffen, sind vom Völkerrecht geächtet. Der Einsatz von Uranmunition muß daher sofort von den Regierungen ausdrücklich verboten werden! Denn keine Macht der Welt hat das Recht, auf ihren Kriegsschauplätzen die Menschen noch lange nach Ende des Krieges zu vergiften.
Christiane Schmutterer, (Neue Argumente 108, August 2007)
„Der Arzt und die verstrahlten Kinder von Basra“ Ein Film, den der deutsche Filmemacher Frieder Wagner während einer Reise in den Irak mit Dr. Siegwart Horst Günther und dem Wissenschaftler Teddy Weymann gemacht hat. (25€ plus Versandkosten, zu bestellen beim Filmemacher ochowa-film@t-online.de, Tel.+Fax ++49(0)221-322518